Geschichte des Fechtens in Deutschland

Der Begriff Fechten lässt bei jedem verschiedene Bilder aus der Erinnerung lebendig werden. Literatur, Kunst, Film, Fernsehen haben die Vorstellung der Öffentlichkeit von dem, was Fechten ist, geprägt.

Man sagt, Fechten hat eine lange Tradition. Das stimmt und stimmt auch nicht. Es hat nie das Fechten in einer bestimmten Ausprägung gegeben. Nur wenn man sagt, dass der Kampf mit dem hölzernen oder metallenen Stock, möglichst noch geschärft, Fechten sei, dann kann man von einer langen Tradition sprechen.

Die ersten Fechtdarstellungen sind aus Ägypten überliefert, wo schon 2000 Jahre vor der 1. Olympiade der Antike (776 v.Chr.) mit dem Stock gefochten wurde. Ein zeitlich etwas später anzusiedelndes Relief zeigt z.B. Stockfechter, bei denen man bestimmte Fechthaltungen erkennen kann (= Positionen der Fechthand und der Waffe), nam̈lich Quint und Quart.

In Griechenland wurde auch gefochten. Homer berichtet davon. Fechtwaffe war das Metallschwert, welches natürlich viel robuster und gröber war als die Fechtwaffen der Neuzeit. Entsprechend dürfte der Fechtstil der Griechen – ebenso wie der antiken Römer - nicht besonders elegant, sondern eher kräftig dreinschlagend gewesen sein.

Die Fechtkünste unserer germanischen Vorfahren waren dagegen schon besser. Sie waren vortreffliche Schwertfechter, was in den einschlägigen Heldengedichten auch sehr gerühmt wird. Außerdem sollen sie diesen Berichten zufolge auch sehr edelmütig und ritterlich gewesen sein.

Im Zuge der Völkerwanderung haben die Germanen ihre Fechtkunst weiter verbreitet. Sie verbreiteten auch das Wort für Fechten, das im Germanischen „skirmen“ oder „schirmen“ hieß, was soviel wie verteidigen oder parieren bedeutet. Dieser Begriff setzte sich in Europa durch. Berücksichtigt man nämlich die Lautverschiebungen, dann findet sich das Wort wieder in „esgrima“ (span.), „escrime“ (franz.) oder „scherma“ (ital.).

In der Nachfolge altgermanischer Waffen- und Kampfbräuche entwickelte sich im Mittelalter das Rittertum. Das begann etwa im 10. Jahrhundert und hatte seine Blüte im 13. Jahrhundert. Wenn wir an Ritter denken, dann wohl unter zwei Aspekten. Einmal der Ritter auf dem Kreuzzug. Über einen Zeitraum von immerhin etwa 200 Jahre kämpften die Ritter für die Religion (1095 – 1291). Und zum anderen denken wir an die Ritter auf dem Turnier, die zur Unterhaltung – auch mit dem Schwert kämpften.

Fechten als Unterhaltung hat ebenfalls eine lange Tradition. Man denke an die olympischen Spiele der Antike, wo auch das Fechten auf dem Programm stand, man denke an die Gladiatorenkämpfe im antiken Rom.

 Im Mittelalter herrschte ein reger Turnierbetrieb. Man stieg vom Pagen (ab 7) zum Knappen (12/14) und schließlich zum Ritter auf. Das Fechten wurde durch Nachahmung erlernt. Nach Abschluss der Lehrzeit wurde der Knappe in einer feierlichen Zeremonie zum Ritter geschlagen und hatte von nun an das Vorrecht, sein Leben im Turnier aufs Spiel zu setzen. Getragen wurde beim Turnier eine schwere Rüstung (60 kg) und die Kämpfe waren immer mit großer Lebensgefahr verbunden. Und es ging auch nicht, wie Hollywood uns glauben machen will, in erster Linie um die Taschentücher von irgendwelchen Burgschönheiten, sondern um Preisgelder. Apropos Lebensgefahr. Bei einem Turnier in Neuss im Jahre 1240 ließen etwa 60 Ritter ihr Leben.

 

Wenn man sich die schweren Rüstungen vor Augen führt, weiß man, dass damit keine schnellen Aktionen möglich waren. Allein die rohe Kraft zählte. Von Ästhetik keine Spur. Das änderte sich im 14./15. jahrhundert aus 2 Gründen. Zum einen gab es jetzt Infanterie-Einheiten, also ungepanzerte Fußkämpfer, die beweglicher und auch verletzlicher waren, so dass sie um das Parieren von Angriffen nicht herum kamen. Zum anderen besiegte die Technik die mittelalterliche Fecht-Romantik. Anfang des 15. Jahrhunderts setzte die Produktion von Pistolen setzte ein. Die Geschosse konnten die Rüstungen nämlich mühelos durchschlagen, so dass sie keinen Sinn mehr machten. Folge war, dass sich die Ritter entrüsteten, eben weil die Rüstungen wertlos geworden waren. Das war ein Wendepunkt in der Geschichte des Fechtens.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts entwickelte sich das Fechten in Deutschland hauptsächlich in den Städten. Das neu gebildete Bürgertum verteidigte seine Freiheit und seine Städte mit Waffen. Damit einher ging der Wunsch, sich in Gemeinschaften zusammenzuschließen. So entstanden Fechtgesellschaften nach dem Vorbild der Zünfte. Die älteste Fechtgemeinschaft war die Brüderschaft von St. Markus vom Löwenberg, auch Marx-Brüder genannt.

Wer Fechtmeister werden wollte, musste nach der Ausbildung eine Prüfung bestehen. Am Ende erhielt er mit einem Prunkschwert einen Schlag auf die Lenden und ihm wurde die „Heimlichkeit“ verliehen. Das waren besondere Aktionen, deren Kenntnis den Fechtmeistern vorbehalten blieb.

Durch die Fechtgesellschaften wurde das Fechten in Deutschland sehr populär, obwohl es schon damals eine für den Laien ungeahnte Zahl von Aktionen und Regeln gab. Der Hang zum komplizierten Regelwerk hat sich das Fechten bis heute bewahrt.

Großer Beliebtheit erfreuten sich damals die Fechtschulen. Das waren bürgerliche Schauturniere, die für die Fechter bares Geld einbrachten. Zum Sieger wurde gekürt, wer dem Gegner die meisten Verletzungen beigebracht hatte. Das letzte große Schauturnier fand in Nürnberg am 21.11.1698 statt.

Durch den Niedergang der Städte, die Straffung der Organisation des Staatswesens, die Bildung von Militär und das Absinken der Verteidigungsbereitschaft und – notwendigkeit der Bürger nahm die privilegierte Stellung der Fechtzünfte ab. Die Fechtmeister verdingten sich schließlich auf Jahrmärkten. Fechten wurde Synonym für Betteln.